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Reziproker Einfluß und Selbststeuerung

Bei der Untersuchung der Determiniertheit persönlicher Freiheit muß zwischen metaphysischen und sozialen Aspekten der Freiheit unterschieden werden.

Einschränkungen der persönlichen Freiheit

  • fehlende Fertigkeiten schränken die Chancen ein, eigene Präferenzen oder Ziele zu verwirklichen
  • dysfunktionale Selbstbeschränkungen können die Person an der Ausführung bestimmter Tätigkeiten hindern (unbegründete Ängste, übermäßige Selbstkritik)
  • Die Gesellschaft muß bestimmte Verhaltensbeschränkungen verhängen, um eine größtmögliche Freiheit ihrer Mitglieder zu erreichen. Inwieweit diese jedoch garantiert werden kann, ist unter den Menschen stark umstritten. Gesellschaften unterscheiden sich nach ihrem institutionaliiertn Freiheitsgrad.
  • sozial geduldete Diskriminierung schränkt die Freiheit und Selbstbestimmung bestimmter Menschengruppen ein (Hautfarbe, Geschlecht, ethnische herkunft, Religion)

Freiheit und Determinismus

In sozialen Abhandlungen wird Freiheit negativ definiert, d.h. an dem Mangel an äußeren Einschränkungen. In philosophischen Abhandlungen wird sie positiv definiert, und zwar häufig als Antithese zum Determinismus. Sie läßt sich hierbei durch Wahlmöglichkeiten, Fertigkeiten oder Rechten angeben.

Welches Bild die psychologische Forschung von der Leistungsfähigkeit der Menschen entwirft, hängt davon ab, welcher Aspekt des reziproken Einflußsystems in den jeweiligen Paradigmen zur Untersuchung ausgesucht wird:

Umweltdeterminismus: Forscher untersuchen, wie Umwelteinflüse das Verhalten verändern V=f(U)

  • Behaviorismus

Perönlicher Determinismus: Wie bestimmt das Verhalten die Umwelt U=f(V)

  • Humanisten

Reziproker Determinismus: Untersuchung der reziproken Einflußquellen

  • SKL

Im Gegensatz zur einseitigen Auffassung resultieren menschliche Leistungen aus der reziproken Interaktion äußerer Umstande mit iner Vielzahl persönlicher Determinanten. Reziproker Determinismus bedeutet nicht nur Gegenkontrolle (gegenseitiges Reagieren) in doppelter Richtung, sondern Menschen schaffen ihre Umwelt auch selbst und antworten nicht nur auf diese.

Je nachdem, von welchem Punkt aus der Abfluß einer Interaktion beobachtet wird, können einzelne Handlungen als Stimuli, Reaktionen oder Bekräftiger fungieren (siehe Abb. 8, S.201). Dies geschieht, wenn man sich an einem Ein-Weg-Paradigma orientiert (hier Umweltkontrolle), um einen zweigerichteten Prozeß abzubilden (zusätzliche persönliche Kontrolle).

  • Zum Beispiel ergibt sich jede künstlerische Handlung aus einem Zwei-Weg-Einflußprozeß, der sich weder auf die Künstler, noch auf die Umstände allein zurückführen läßt.


Reziproker Einfluß und die Grenzen sozialer Kontrolle

Die Öffentlichkeit sorgt sich, daß mit wachsender psychologischer Erkenntnis die Gefahr einer kalkulierten Manipulation und Kontrolle der Menschheit zunimmt.

Individuelle Sicherheitsvorkehrungen

Ein guter Schutz gegen derlei Manipulationen wird darin gesehen, die Menschen darüber zu informieren, wie sie beeinflußt werden. Jedoch ist das Bewußtsein und Wissen um die Manipulationsmöglichkeiten allein nur ein schwaches Gegenmittel, was besonders deutlich an den unverkennbaren Werbeeinflüssen zu sehen ist.

Der wirksamste Schutz gegen manipulative Kontrolle erwächst aus den reziproken Konsequenzen menschlicher Interaktion. Menschen wehren sich dagegen, ausgenutzt zu werden, wenn ihnen angepßtes Verhalten nachteilige Konsequenzen einträgt. Da Konsequenzen reziprok sind, ist niemand in der Lage, andere nach Belieben zu manipulieren.

Soziale Sicherheitsvorkehrungen

Menschen schaffen institutionelle Sanktionen, die der Kontrolle menschlichen Verhaltens Grenzen setzen sollen (z.B. Unantastbarkeit der Einzelperson als gesellschaftliche Sicherheitsvorkehrung). Institutionalisierte reziproke Mechanismen (Gesetze, gesellschaftliche Regeln) schützen nicht nur vor willkürlicher, unrechtmäßiger Kontrolle, sondern ermöglichen auch die Änderung von Institutionen oder Lebensbedingungen.

Mehr Wissen über die Beeinflußbarkeit von Verhalten bedeutet nicht unbedingt mehr soziale Kontrolle. Die jüngste Geschichte hat gezeigt, daß sich die Streuung der Macht vergrößerte und daß sich damit die Möglichkeitn zur reziproken Einflußnahme erhöhte. Die Tatsache allein, daß mehr Menschen an der Herrschaft beteiligt werden, garantiert noch keine humane Gesellschaft. In letzter Konsequenz entscheidet immer die Frage, zu welchen Zwecken die Macht dient.

Selbst in offenen Gesellschaften entstehen schädliche Sozialpraktiken, sobald viele Menschen davon profitieren (Ungerechte Behandlung unterpriviligierter Gruppen im Interesse privaten Gewinnstrebens, Umweltverschmutzung,..) und die aversiven Konsequenzen nur langsam zu Tage treten.

Fazit

Die Realität zeigt, daß die individuellen Wahlmöglichkeiten vermehrt dem kollektiven Interesse untergeordnet werden müssen, wobei jedoch denoch ein größtes Maß an individueller Freiheit garantiert bleiben muß. Das kollektive Überleben läßt sich am besten sichern, wenn man die individuellen Wahlmöglichkeiten erweitert, als sie zu beschneiden. Veränderungen lassen sich am besten herbeiführen wenn man einerseits vorteilhafte Alternativen anbietet und andererseits die Kosten derjenigen Praktiken erhöht, die die aversiven, verzögrten Konsequenzen nach sich ziehen (Auto Bahn).